Make or Buy-Strategy

„Wir haben keine klare Strategie, wann wir etwas selbst entwickeln oder selbst produzieren und wann wir es fremd vergeben. Ich höre immer nur: wir sollten es selbst machen, wir können es am besten.“
klagt die Geschäftsführung. Denn die Manager in ihren Fachbereichen haben viele Argumente, warum sie die Dinge in ihren Abteilungen erledigen müssen. Und die Geschäftsführung hat meist nicht das spezifische Wissen, diese Entscheidungen in den Fachbereichen zu prüfen. Nicht selten steuert die mittlere Führungsebene die Eigenleistungsstrategie der Firma.

 

 

 

 

 

Diese Fragestellung ist aber für jede Firma enorm wichtig. Eigenleistung vs. Fremdleistung hat großen wirtschaftlichen und strategischen Einfluss auf ganz viele Themen:
• Geschwindigkeit
• Flexibilität
• Kosten
• Knowhow
• Differenzierung
• Qualität
• Risiko

Meine Erfahrung aus zahlreichen Beratungsmandaten: selten ist diese Fragestellung sauber analysiert, strategisch gedacht und in der Firma umgesetzt.

Auszugsweise schildere ich zwei Beratungsmandate. Aus der Automobilindustrie und aus der Werkzeugindustrie.
Die Auftraggeber waren

Kunde 1: Automobil-Zulieferer, AG, Unternehmenssitz Österreich
Kunde 2: Werkzeughersteller, Familienunternehmen, Unternehmenssitz Liechtenstein

Kunde 1 aus der Automobilindustrie hatte grundsätzlich (per default) sehr viel Entwicklungsleistung fremdvergeben. Die Quote lag bei ca. 80 % Fremdvergaben. Eigentlich war die gelebte Vorgehensweise, jede Leistung zuerst fremd anzufragen. Nur, wenn man kein passendes Angebot bekam, hat man die Themen (notgedrungen) selbst bewältigt. Ausnahme war nur ein Bereich, der gleichzeitig Knowhow und Ziehkind eines Top-Managers war.
Ein großes Problem ist aufgetreten, als man Teilergebnisse der Fremdfirmen nicht mehr bewerten konnte. Es wurde viel zu spät erkannt, dass die vereinbarten Ergebnisse der Partner nicht geliefert werden konnten. Das ging damit einher, dass man für manche Ausschreibungen nicht mehr in der Lage war, sie fachlich ausreichend zu formulieren. Man konnte auch das in schwere Schieflage geratene Projekt mangels Kompetenz selbst kaum mehr neu ausrichten. Für beide Probleme sowie die fehlende fachliche Grundkompetenz hatte man wiederum auf Fremdleistung zugegriffen. Ein Teufelskreis.
 
Kunde 2 hatte eine Fremdleistungsvergabe von ca. 20 %. Von ihm stammt das Eingangszitat, dass man die Dinge am liebsten selbst macht. Bei auftretenden Marktveränderungen, die schnelles Agieren notwendig machte, waren das schlechte Voraussetzungen. Und man hatte das „Gefühl“, die viele Eigenleistung sei wohl eher eine teure Lösung.

Kurzergebnisse


Kunde 1: Jedem Fachbereich wurde vorgegeben, die volle Beurteilungskompetenz zu erlangen und zu behalten. Man hat weiterhin bevorzugt, die Themen fremd zu vergeben, aber es wurden zahlreiche Ausnahmen explizit festgelegt.
Kunde 2: Es wurde ein kurzer Fragenkatalog erarbeitet, der die zentralen Strategiethemen des Unternehmens abgefragt hat. Damit konnte für jedes Thema schnell und eindeutig eine Entscheidung über Eigen- oder Fremdvergabe getroffen werden.

 

 

 

Diese Projekte habe ich als Interim-Manager durchgeführt. Eine Make or Buy-Strategie ist eine relativ kompakte Aufgabenstellung, die einen hohen Erkenntnisgewinn und einen enormen betriebswirtschaftlichen Nutzen bietet. Die Firmenstrategie wird hier umgesetzt (oder nochmal fokussiert) und die Firmen bekommen eine einfache, stringente Vorgehensweise, mit der vom Teamleiter bis zum CEO Entscheidungen getroffen und überprüft werden können. Positiver Nebeneffekt: das Vertrauen zwischen den Führungsebenen hatte sich dadurch deutlich verbessert.